www.maseratrï.de
Schiff · Name · Bilder · Crew · Berichte · Gästebuch · Links · Hauptseite



Veröffentlicht in "Mehrrumpfboote" Nr. 116 - Juli 2005

„Vergiss Kuba ...“

Es ist 5 Uhr früh und wir kosten ein Stück Zuckerrohr an einer Autobahnraststätte
mitten auf Kuba. Unser Fahrer bat nach zweieinhalb Stunden Fahrt durch die Nacht um eine Pause und trinkt seinen Kaffee. Der Koch – in blütenweißer Kleidung – langweilt sich am Kücheneingang. An einem Tisch sitzen junge Leute mit dem unvermeidlichen Kofferradio, aus dem laute Musik dringt.

Wir sind seit über 24 Stunden unterwegs und hundemüde. Doch weitere 2 Stunden fahren wir durch die tiefschwarze Nacht über holperige Landstraßen, entlang am Meer, welches wir nicht sehen.

Endlich erreichen wir die Marina Cayo Blanco in Trinidad. Wir stolpern an einem freundlichen Wächter vorbei auf den Steg zu unserem Schiff. Und da liegt der Katamaran „Tres Amigos“ – eine Lagoon 380. Verblüfft stellen wir fest, es ist unser „Tres Amigos“, mit dem wir im Vorjahr die Leewards Islands von Sint Maarten aus erkundet haben.

Der Salon ist vollbepackt mit den bestellten Lebensmitteln und Wasservorräten. Wir verschwinden in unseren vertrauten Kojen – sieben Stunden später als geplant dank Air France – es wird gerade hell und wir wollen endlich schlafen.

Und dann genießen wir die Sonne, es ist 28 Grad warm, eine leichte Brise weht über das Schiff, ein freundlicher Stützpunktleiter begrüßt uns. Nach einer Dusche in der Marina ist die Anreise aus dem verschneiten, winterlichen Hamburg vergessen und in luftiger Kleidung verzehren wir ein verspätetes Frühstück auf dem Anleger.

Tatendrang erfüllt uns – die Vorräte werden gesichtet und verstaut – eine Liste, was noch fehlt erstellt – die Einweisung ins Boot wird abgekürzt, wir kennen „Tres Amigos“ ja schon.

Mit dem kubanischen Kartensatz – der in Deutschland – im Gegensatz zu kühnen Hinweisen nicht erhältlich war – den wir bei der Einweisung ins Revier erhalten, wird ausdrücklich empfohlen Richtung Osten zu segeln. Auch der ernste Hinweis auf den wöchentlichen Tiefausläufer aus Nordamerika mit den dann wechselnden Windrichtungen, möglichen Stärken und Risiken wird sorgfältig erläutert.

Unsere britischen Karten über Mittel- und Westkuba – die wir uns für die Vorbereitung besorgt hatten, bleiben zusammengerollt. Die CD mit Karten der kubanischen Gewässer – erhältlich über den Nautischen Verlag , Arnis ( www.nv-verlag.de oder www.maptech.com) hatten wir uns natürlich auf unsere Rechner überspielt – manche dunkle, winterliche Abende uns Routen angelegt und auf unsere Pocket-PCs überspielt. Mit dem nun vorliegenden kubanischen Kartensatz – vergleichbar unseren Sportbootkartensätzen – sind wir „Zuhause“.

Auch die Ankerplätze aus dem „ geschönten „ Revierbericht über kubanische Gewässer aus der Kreuzer Vereinigung Zeitschrift „ Segeln“ vom Januar 2005 hatten wir als Markierungen in unseren handtellergroßen Plottern angelegt. Im Gegensatz zu allen einschlägigen Hinweisen haben wir zwei Pocket Pcs mit GPS-Empfänger und vier Mobiltelephone eingeführt, besser eingeschmuggelt– Probleme und bürokratischen Aufwand machte nur das Mitführen des Fernglases mit eingebautem Peilkompaß. So waren wir gerüstet – die Position in der Marina auf unserem Plotter – alle vorhandenen Papierkarten mit möglichen Ankerplätzen ebenfalls – nun nach Westen oder Osten? Cayo Largo - von Trinidad 70 sm entfernt nach Südwesten oder die „Gärten der Königin“ 50 sm nach Osten?

Mittlerweile war es nachmittag und im kleinen Marinaladen, wo wir nachbunkern wollten, benötigen wir „ Peso Convertible“ – seit November 2004 der Ersatz für den Dollar und der Euro gilt hier noch nicht.

Im Hotel ANCON ,einem All Inclusive Hotel auf der Meerseite der Landzunge, an deren Innenseite die Bucht von Cassilda, dem Hafen der Stadt Trinidad liegt, gibt es eine Bank. Dort tauschen wir problemlos unter Vorlage des Reisepasses unsere Euros.

Auch ein kleiner Laden versorgt uns mit Keksen und Spirituosen – nur einen Kaffee mit Kuchen gibt es nicht – auch das Abendessen wird uns verwehrt.

In der Marina bei Sunsail haben wir unsere Kosten (Transport, Touristentaxe, Einkauf etc ) mit Kreditkarte ( außer AMEX) beglichen. So beschließen wir abends Trinidad (Weltkulturerbe!) zu besuchen und dort zu Abend zu essen.

Oswaldo, unser Marinero war im Laufe des Tages zu uns gestoßen – wir hatten uns entschlossen, ihn für den Törn zu buchen, um alle eventuellen Probleme (Revier, Sprache etc) auszuschließen. Ich hatte noch die Aus- und Einklarierei auf den Leewards in Erinnerung (siehe: „Karibische Illusionen“)

Und dann stehen wir auf dem Turm eines verfallenden Palastes, sehen in der milden Abendsonne über Trinidad und Cassilda in die weite geschützte Bucht bis zur Marina und beginnen unseren Urlaub zu genießen. Aus dem Führer wird uns über die jahrhunderte lange Entwicklung der Stadt vorgelesen und wir träumen beim „ Canchancharra“ vom verblichenen Glanz der einst wohlhabenden Stadt.

Heute ist es eine trostlose Ansammlung ebenerdiger Häuser, die nicht einmal „malerisch“ wirken in ihrem herunter gekommenen Zustand. Die wenigen halbwegs hergerichteten Häuser und Plätze machen dies noch deutlicher.

Wir essen für zwanzig Dollar pro Person bei einem Schulfreund von Oswaldo – ein staatliches Restaurant neben der Kirche – wie alles hier in sozialistischer Hand – und jeder ist Staatsangestellter – der Wein kommt aus Spanien und die Musiker beginnen auf den Terrassen ihre Lautsprecher auszusteuern.

Mir fällt der Leitartikel „Schattenseiten“ aus der Zeitschrift „blauwasser „4/04 ein, wenn ich den Reiseführer vor mir, die Wirklichkeit betrachte in dem Lärm, der als Zeichen der überbordenden Lebensfreude beschrieben wird. Zurück auf dem Schiff genießen wir eine „Pinacolada“ – der Tetrapak Fruchtsaft dazu kommt für vier Dollar aus Italien – aber der Rum ist Original Kuba. Ein leichter Wind streicht über das Deck – 25 Grad, Barometer 1022 – auf allen Handys wird dem winterlichen Deutschland das Paradies geschildert und dann sinken wir hoch zufrieden ins Bett.

Am nächsten Morgen heißt es „Leinen los“ – schließlich sind wir zum Segeln hergekommen! Oswaldo hat noch Pfeffer – köstlich duftend frischgemahlen – mitgebracht.

Wir motoren aus der geschützten Marina in das betonnte Fahrwasser der Bucht von Cassilda, ein herrlich warmer Ost bläht bald die Segel und wir kreuzen bei angenehmer Welle über das Flach hinaus ins offene Meer.

Cayo Macho de Fuera – 16 sm ostwärts ist unser heutiges Ziel – zuerst am Außenriff, deutlich erkennbar an den sich brechende Wellenkämmen, dann hinter Cayo Blanco weit hinein über die Flachs bis dicht unter die niedrige, mangrovenbestandene Küste mit der über tausend Meter hohen Bergkette dahinter segeln wir voll Lust unser „Wohnmobil“ bis vor den Ankerplatz.

Der Cruising Guide von Nigel Calder – ein Muß in diesen Gewässern – schlägt einen Ankerplatz nördlich der kleinen Insel vor. Doch Oswaldo legt unseren Katamaran zu unsrer Freude mit dem Heck an den schmalen Steg vor Buganker– unter dem Heck sind noch 30 cm Wasser. Dann betreten wir das Paradies!

Leguane heben den Kopf und staunen über die Zweibeiner, barfuß und nur in Shorts. Kormorane wenden auf der Sandbank gemächlich die Köpfe. Bisamähnliche Tiere nähern sich und wollen unsere Zehen kosten, außer kleinen Streifen Sand am traumhaft warmen Meer, bedecken Mangroven fast die ganze Insel.

Wir durchstreifen das Land durch dichten Bewuchs, lauschen der steten Brandung, die an der Ostseite aufläuft, schwimmen ausgiebig und sind stolz unsere ersten 30 sm geschafft zu haben.

Zum Kaffee werden wir eingeladen! Ein Paar ist auf der Insel stationiert – wir erfahren, sie werden alle 14 Tage ausgetauscht - Staatangestellte – und bereiten für Touristenboote, die tagsüber vom Hotel ANCON Ausflüge machen, Mahlzeiten.

 

 

Sie bieten uns ein Abendessen mit Fisch an. Dankend nehmen wir an. 10 Dollar mit dem Kaffee.

Oswaldo fährt mit dem Dingi hinaus zu den ankernden Fischern, besorgt den Fisch und bringt einen Eimer voll Eis mit für den Kühlschrank.

Es gibt panierten Fisch, Lobster in Stücken, Reis, Salat aus Kraut und Tomaten und Nachtisch aus Ananas und Orangen. Den Schluck Rotwein – diesmal aus Chile – steuern wir von Bord bei. Wir sitzen an einem gedeckten Tisch unter einem Palmwedeldach mit Licht aus solargeladenen Batterien. Die Musik haben wir dankend abgelehnt.

Und wieder erreicht über die Handys das winterliche Deutschland die Nachricht von unserem Glück. Während zu Hause – es ist Mitte Februar - Schnee geschippt wird, laufen wir barfuß unter dem endlosen Sternenhimmel durch den warmen Sand.

Morgendliches Schwimmen bei 28 Grad, Barometer 1017 im herrlich warmen Wasser, Frühstück auf der Terrasse, blauer, wolkenloser Himmel und Südwind.

Auf der Ostseite der Insel hält unser Marinero im 3 Meter tiefen Wasser Ausschau nach Fischgründen. Dann stürzt er sich in die Flut und taucht mit kräftigen Flossenschlägen immer wieder zu den hellen Sandflecken hinunter. Er ist in seinem Element. Unverkennbar hier ist ein trainierter Profi am Werk. Bald darauf liegen im Cockpit über zehn ansehnliche Lobster und wir fragen uns, wie wir die alle essen sollen.

Mit kräftigem halben Wind überwindet unser Kat die 17 sm zur Cayo Zaza de Fuera in nur zweieinhalb Stunden und so sind wir schon am frühen Nachmittag draußen vor der Ankerbucht, die Calder tief drinnen zwischen Mangroven empfiehlt.

Oswaldo rät hier draußen zu ankern – wegen der Mücken!

Also werfen wir den Anker auf 3 Meter Wassertiefe, schwimmen ausgiebig, essen Lobster, köstlich angerichtet von unserem Meisterkoch und halten Mittagsschlaf bei 31 Grad im knapp bemessenen Schatten.

Zum Kaffee taucht an der Westecke eine italienische Yacht auf und ankert ebenfalls weit vor der eigentlichen Ankerbucht.

Die Fischer kommen mit ihrem desolaten Ferrozementboot längsseits – fünf Männer– ein Red Snapper wechselt gegen eine Flasche Rum den Besitzer – und nun wird der Platz im Eisschrank knapp.

Abends genießen wir unseren zweiten Segeltag mit einem Festmahl. Oswaldo hat den ganzen Fisch köstlich zubereitet und im Backofen gegart. Zu dem festen weißen Fleisch gibt es Reis mit Tomaten, gewürzt mit grobem Salz und frischgemahlenem, duftendem Pfeffer. Wir krönen das Ganze mit einem Schluck Wein – diesmal aus Italien.

Dem Küchenchef mundet das kühle Dosenbier – „Bucaneer“ Original aus Kuba – von dem wir sicherheitshalber eine Palette geordert haben und die dann für Verdienste um das Wohlbefinden der Mannschaft dem Koch vorbehalten bleibt.

Eine sanfte Dünung läßt uns vor Anker schwoien und wir sinken bald in Schlaf – und im Traum irritiert uns noch, daß wir unseren Daheimgebliebenen nicht berichten konnten. Keine Handy-Verbindung!

Morgens ist das Barometer gefallen - 1012 – das angekündigte wöchentliche Tief nähert sich von Norden.

Als wir aus der Abdeckung herauskommen, Kurs am Außenriff auf Cayo Breton auf-nehmen, da steht uns Wind und Welle von Süd voll auf die Nase.

Also dampfern wir unvergnügliche sieben Stunden gegenan – selbst als wir am Eingang des Canal de Breton abfallen können, wird es nicht besser.

Endlich liegt Cayo Breton voraus und wir freuen uns auf einen ruhigen Ankerplatz innerhalb hinter dem Leuchtfeuer.

Dank Calder ist die Ansteuerung der Einfahrt nicht schwierig und wir sind froh, daß die Bolzerei ein Ende hat als wir die schmale Rinne passieren.

Langsam tasten wir uns in der Fahrrinne vorwärts, fragen unseren Marinero, wo er vorschlägt zu ankern. Glattes Wasser, leichte Strömung wie beschrieben, links und rechts undurchdringliche Mangroven am Ufer.

Als wir den Anker werfen wollen, stoppt uns Oswaldo. Er weist uns auf unsicheren Ankergrund hin und erklärt dann, er würde niemals hier reinfahren.

So folgen wir seinem Rat, kehren um und ankern schließlich südlich der Inselkette auf dem Flach nördlich der beiden Fischfabriken, die hier im Meer auf Pfählen stehen bzw verankert sind.

Auf den kubanischen Karten sind in diesen Positionen grüne Anker eingezeichnet – trotzdem so richtig wohl fühlen wir uns nicht auf Legerwall bei 3 bis 5 Meter Wassertiefe und satten fünf Windstärken. Und das Barometer fällt weiter!

Zum Abendbrot gibt es Lobster satt – wann habe ich schon mal in meinem Leben so herrlichen Fisch gegessen?

Es wird eine unruhige Nacht in unseren „Wasserbetten“. Der GPS ist auf Ankerwache und zwölf lange Nachtstunden rollt eine ordentliche Dünung über das Flach und der Wind singt in der Takelage.

Hatte am Vortag ausgiebiges Schwimmen und ein längerer Dingi-Ausflug in die tief eingeschnittenen Magrovenbuchten noch Ablenkung verschafft, so empfinden wir uns plötzlich als Eingeschlossene. Schwimmen ist bei der Dünung anstrengend und riskant. Und das Dingi reizt auch nicht gerade.

Plötzlich wird uns diese Einschränkung richtig bewußt.

Dann der zweite Tag ohne Handy-Verbindung – hatte nicht Oswaldo berichtet, hier habe einer mit dem Handy telephoniert – muß wohl „Iridium“ gewesen sein – ein wenig blauäugig von uns, hier draußen einen Anschluß zu erwarten.

Des weiteren zeigt sich, daß der Einkauf und die Bevorratung für einen Törn in dieses verlassene Gebiet besonderer Erfahrung bedarf. Es gibt weit und breit nirgends eine Gelegenheit, nachzubunkern!

Und von Fisch, Reis und Rum können wohl nur die einheimischen Fischer leben.

Wir Nordeuropäer brauchen Brot(verschimmelt!),Körner (aus Italien!), Milch (nicht genug!) und Obst, welches sich bei diesen paradiesischen Temperaturen nur schnell verzehren läßt, also am dritten Tag zu Ende ist. Und was sich hält – Apfelsinen, Pampelmusen, Möhren, Tomaten – haben wir natürlich nicht genug mitgenommen.

Ein Tipp – auch wenn er blauäugig ist, weil schwer durchführbar – Dosenbrot, Hartwurst, schwarzen Tee – sollte man mitbringen. Denn auf der Proviantliste gibt es das nicht.

So haben wir uns entschlossen, umzukehren, um in Trinidad neu zu bunkern. (Ich frage mich, wie hat die Crew aus „Segeln“ sich für 12 Tage verproviantisiert? Ich muß da noch Erfahrung sammeln.)

Lobster mit Ei zum Frühstück – das Barometer ist weiter gefallen - 1008 – wir holen unser leichtes Regenzeug heraus, legen die Schwimmwesten und Lifebelts zurecht.

Mit zwei Reffs laufen wir am Wind in kräftigen Regenschauern Richtung Westen, um durch die enge Einfahrt des Canal de Breton hinter das Außenriff zu schlüpfen und den inneren Weg zur Cayo de Zaza abzulaufen.

Unser Plotter weist uns – wie immer – vorzüglich den Weg.

Der Wind schiebt uns mit acht Beaufort und heftigen Regenschauern um die Insel in den Kanal – wenigstens unter Segel.

Das wöchentliche Tief mit seinen Störungen der Passatlage.

Und dann läßt der Wind nach, die Dünung rollt unaufhörlich unter unserem Kahn hindurch und wir müssen die Jockel zu Hilfe nehmen.

Wieder werden es bald 30 Meilen unter Maschine, bis wir endlich spätnachmittags dicht unter dem Leuchtfeuer an der Westseite von Cayo de Zaza vor Anker gehen. Immer noch weht es mit fünf Beaufort um die Südspitze und das bleibt auch die ganze Nacht so.

Nun ist auch das Bier alle, nachdem uns zwei mit Oswaldo befreundete Fischer mit frischem Fisch versorgt haben.

Kurz vor Dunkelwerden verlassen sie uns mit ihrem kleinen flachbodigem leckem Holzboot voller Lobster.

Es gibt erneut ein Festmahl – und zum Frühstück liefern sie eine große Schüssel Shrimps ab.

Im Morgenlicht gelingt ein Photo vom Leuchturm – fünf Katamarane verschiedener Größe liegen im Windschutz der Insel vor Anker in der nachlassenden Dünung.

 

Dann motoren wir alle Richtung Cassilda – die anderen gehen hinter Cayo Blanco vor Anker – während wir die 16 Meilen in die Marina dampfern.

Bunkern – vor allem Bier für unseren Chefkoch. Dafür bringt er uns Eier mit – gibt es nur in Trinidad.

Abendessen an Bord und endlich wieder Handyberichte ins kalte Deutschland.

Der ausgehängte Wetterbericht für die kommende Woche verheißt bis Mittwoch stabi les Wetter und so beschließen wir nach Westen zu fahren.

50 Meilen an der Küste entlang nach Cienfuegos. Stunde um Stunde schieben uns die Motoren an der ereignislosen Küste entlang. Nirgends Ankerbuchten oder geschützte Plätze. Es droht ein langer Tag zu werden, bis doch noch 10 sm vor der Einfahrt in die große Bucht Wind aufkommt und uns herrliches Segeln beschert. Endlich ist es wieder so, wie wir es uns vorgestellt haben. Wind von der richtigen Seite, glatte See und warm unter blauem Himmel in der Sonne.

Die graue Kuppel des halbfertigen Atomkraftwerkes bleibt backbord achteraus, als wir durch die Einfahrt – vorbei an der alten spanischen Festung in die große Bucht tuckern.

 

Das betonnte Fahrwasser führt uns zur Marina von Cienfuegos. Per Funk angemeldet, weist der Hafenmeister uns einen Platz an dem Anleger zu.

Bisher war uns das Ein- und Ausklarieren gar nicht aufgefallen, da in der Marina in Cassilda eher beiläufig ein Uniformierter erschien und unser Papier mit einem Stempel versah, aber jetzt mußten wir artig an Bord sitzen und warten, bis zwei freundliche Herren unsere Pässe prüften, die Ausklarierung studierten und uns dann nach einem weiteren Stempel den Landgang freigaben.

Neben uns lag ein schwedischer Katamaran – verpackt und verlassen – eine kanadische Yacht gegenüber, draußen auf Reede zwei weitere Yachten. Am anderen Ende des Anlegers zwei Katamarane und drei Bavaria von Platten-Sailing Kuba (www.platten-sailing.de). Ein Kat wurde gerade übernommen – Samstag abend – und der zweite hißte am Sonntag – zum Kirchgang? – die Nationale der DDR.

Auch diese Marina weist einen Laden für die Versorgung auf, ein Stück die Straße Richtung Stadt befindet sich ein gut sortierter Supermarkt. Die Waschräume wurden nach einer Inspektion als funktionsunfähig und unzumutbar gestrichen.

Beim Ablegen wurden wir ausdrücklich gebeten, dem Hafenmeister eine Liste auszuhändigen mit Lob und Kritik an der Marina. Man bemüht sich!

Sonntag war Landgang angesagt. Nach dem Frühstück, bewaffnet mit dem Reiseführer zogen wir die Promenade entlang in die Innenstadt.

Das Marinemuseum –das Größte von Kuba – das Theater von Tomas Terry und der Rundgang über den zentralen Platz mit dem obligaten Mochito unter einer schattigen Arkade waren in zwei Stunden geschafft.

Unsere Kutsche, die uns in der Mittagshitze zur Marina zurückbringen sollte, wurde von einem veritablen Streifenwagen angehalten – wegen überhöhter Geschwindigkeit!

Voller Ernst wurde ein Strafmandat ausgestellt und beglichen. Danach trabte der Gaul - wie mir schien - umso vergnügter los.

Nach ausgiebiger Siesta und kräftigem Kaffee – Original Kuba – wanderten wir zum kleinen Park Gorda an der Südspitze der Landzunge, an der die Marina liegt, vorbei am gesichtslosen Hotel Jagua mit allen Bequemlichkeiten, Läden, Bar und Restaurant.

Zu Abend aßen wir in einem Ausflugslokal am Meer im leichten Wind – noch bevor die „Musik“ einsetzte und Kubaner alles an diesem herrlichen Sonntagabend mit Beschlag belegten.

Auch die zweite Nacht wurden wir bis in den frühen Morgen von der Kapelle des pom-pösen palastartigen „Yachtclubs“ unterhalten. Vermutlich handelt es sich um ein Etablissement für die gehobenen Stände mit seinem livrierten Personal und den dicken Motoryachten davor und ist mit unseren Klubs kaum zu vergleichen. Auch paßt es so gar nicht in die verwahrloste Umgebung.

Vielleicht ist ja Al Capone zurück – und Fidel weiß es noch nicht?

Vollgetankt und nach Begleichung des Hafengeldes ( 35 Cent pro Fuß pro Nacht) legen wir ab. In der engen Ausfahrt kommt ein riesiger Pott herein, den ein kräftiger Lotse um die engen Kurven schiebt.

Cienfuegos ist immer noch einer der größten Häfen der Insel und Hauptumschlagplatz für Zucker, den nach dem Niedergang des großen sozialistischen Bruders keiner mehr haben will.

Draußen bläst uns der Wind mit 4 Stärken aus Südost auf die Nase und die See beutelt uns recht unangenehm.

Nach 17 sm beschließen wir unsere Rückfahrt nach Cassilda in Guajimico (21 57,389 N 080 21,295 W) zu unterbrechen – in der Hoffnung auf Südwind am Dienstag.

Selbst in den kubanischen Karten ist dieser Platz nicht verzeichnet. Nur ein kräftiger grüner Pfeil an der Küstenlinie gibt einen Hinweis.

Oswaldo hatte schon signalisiert, daß wir dort einlaufen dürfen und auf dem Transit entdecke ich jetzt einen Satz ganz oben, der besagt, daß ein Einlaufen vor 8 Uhr und nach 18 Uhr mit hoher Strafe belegt wird.

Es ist Mittag als wir uns in die kleine Bucht hineintasten, geführt durch Tonnen zwischen den Felsen. Ein Steg in halber Tiefe der flach zu einem Sandstrand mit Mangroven bestandenen Bucht nimmt uns auf.

Wir sind ganz entzückt – nach über drei Stunden übler Schaukelei – liegen wir hier wie in Abrahams Schoß.

Nicht einmal der akribische Calder verliert ein Wort über Guajimico in seinem Cruising Guide – ebenso ist auch im Cuba Guide von Simon Charles ( beide in Englisch) nichts zu finden.

Die äußere Hälfte des Stegs ist ramponiert und unter uns ist kaum 1 Meter Wasser.

Ein Motorboot mit Taucherausrüstungen schwoit nahebei vor Anker.
Für ein weiteres Schiff – gar eine Yacht mit Tiefgang - ist kaum Platz.

Ein freundlicher Uniformierter nimmt das Einklarieren vor, ein zweiter weist darauf hin, daß zusätzlich zu den 10 Dollar/Peso Liegegebühr ( 10 Dollar = 7,70 Euro Februar 05) je 2 Peso pro Person für den Landgang fällig sind. Jetzt allerdings sei Siesta und wir könnten später dann bezahlen.

Ausgiebiges Schwimmen – Abduschen mit dem Schlauch am Steg – opulentes Mittag mit „ Bucaneer „ – wir haben vor dem Auslaufen in Cienfuegos noch gebunkert- für den emsigen Koch- Siesta auch bei uns.

Nach dem Kaffee stellt sich heraus, daß das Restaurant oberhalb der Felsen zwar keine Kreditkarten akzeptiert, aber unsere Euros annimmt. Das Abendessen ist gesichert.

Hinweis am Rande: genug Pesos tauschen, damit man nicht in Verlegenheit gerät. Der Peso Convertible läßt sich jederzeit zurück tauschen und man erhält ohne Verlust auch Euros, soweit vorhanden- zuletzt am Flughafen, nachdem man die 25 Dollar Ausreisegebühr bezahlt hat.

So machen wir uns landfein, stapfen über Treppen und Pfade zwischen den überwiegend leeren Hotelhütten hinauf zum Swimmingpool mit Bar, klettern einen Bergpfad hinauf auf eine Anhöhe mit freiem Blick auf unsere Bucht und das Meer im Abendlicht und genießen unser Glück allein.

Leider keine Handy-Verbindung an diesem Ort – oder vielleicht sogar gut?

Im klimatisierten Speisesaal empfängt uns ein großes Buffet . Der Wein kommt aus Spanien – edler Roter von 94. Wenige Gäste kommen dazu. Heute Morgen ist eine Gruppe Franzosen abgereist und nachts um zwei soll der Bus mit den Neuen eintreffen.

Wunderbar – keine Musik – es wird eine ruhige Nacht in unsrer idyllischen Bucht.

Während wir fünf Gänge genießen, Kaffee hinterher (80 Euro für 5 Personen inclusive Tipp, Wein und Wasser), frage ich mich, was bringt Menschen dazu, 10 Stunden Flug in beklemmend engen Air France Jumbos auf sich zu nehmen, weitere drei Stunden Busfahrt durch die Nacht, um dann in diesem Hüttendorfhotel, weitab von allem an dieser zugegeben hübschen Bucht aber nichtssagenden Küste zu landen. Es ist kein Tauchrevier; selbst wenn das Schwimmbad mit Meerwasser gefüllt sein soll – der Wein kommt aus Spanien und die Küche ist französisch – und nur Liebespaare?

Hoch zufrieden klettern wir in unsere Kojen, das einsame Schiff am Steg angestrahlt von einer starken Hallogenlampe, die leider nicht auszuschalten ist.

Wir schlafen wunderbar – ruhig und entspannt.

Draußen hat sich der Wind ganz gelegt und die letzte Dünung verebbt. So müssen die Jockel ran – wieder motoren wir über 45 Meilen am Hotel Ancon vorbei, vorbei an Cayo Blanco zum Ankerplatz der ersten Nacht.

Am Mittwoch endlich Wind, kräftiger Wind aus Südwest. Tapfer segeln wir gegenan – reffen – der Wind wird immer ruppiger, das Barometer fällt - 1016 – die Brandung vor dem Außenriff wird anstrengend. Schließlich geben wir auf und laufen ab nach Westen. Cayo Blanco soll unser letzter Ankerplatz werden. Im Windschatten der Insel ankern wir schon früh nachmittags auf weißem Sand, ordentlich durchgepustet relaxen wir bei ausgiebigem Schwimmen.

An Land tummeln sich die Tagestouristen vom Hotel Ancon und gegen 16 Uhr leert sich das Eiland.

Eine Yacht läuft gegen Abend aus Richtung Südwesten – vielleicht gehen sie über Nacht mit achterlichem Wind nach Cayo Largo.

Der zweite Kat ankert weitab, als wir ins Dingi klettern und zu einem Inselspaziergang aufbrechen.

Wir stapfen am Wasser entlang, beobachten Rochen, Krebse und Schnecken im Seegras. Die Westseite ist sanft und ruhig, die Ostseite schützt ein eineinhalb Meter hoher Wall von ausgebleichtem an Land gespültem Korallengestein und das Geräusch der kräftigen steten Brandung legt sich über die ganze Insel und wird uns in den Schaf singen.

Doch zuvor genießen wir in der Abendsonne noch einmal ein All Inclusive Dinner mit hinreißendem Lobster, Mochito – alles satt und soviel wir wollen ( sogar Pommes mit Ketchup wurden kredenzt).

Wehmütig sitzen wir mit den bloßen Füßen im warmen Sand, gestreichelt von den letzten Sonnenstrahlen, nippen an unserem eisgekühlten Getränk und schauen zu unserem Kat, der draußen sanft in der Dünung schwoit – und uns morgen in die Marina bringt.

Und da sitzen wir unseren letzten Abend auf der Veranda – 30 Grad und kein Lufthauch – dafür ballen sich über dem nahen Gebirge dicke, schwarze Wolken. Das wöchentliche Tief. Barometerstand: 1014 !

Mosquitos – also gibt es sie doch! So schnell können wir uns garnicht einsprühen und in den Salon verziehen, daß wir nicht im Nu etliche Stiche verspüren.

In der Nacht dann zerrt heftiger Wind an unsrer Muring und ein Wolkenbruch füllt das Dingi, während wir unsere Mückenstiche einreiben. Essig soll das Beste sein!

Wir haben uns entschlossen, den letzten Tag in Havanna zu verbringen – auch um nicht eine fünfstündige Autofahrt mit dreistündiger Wartezeit vor einem neunstündigen Rückflug nach Paris, erneuter Wartezeit und noch einmal anderthalb Stunden Flug nach Hamburg uns anzutun.

 

Freitag am frühen Nachmittag erreichten wir unser Hotel in der Altstadt ( empfehlenswert, man kann alles zu Fuß erreichen) und hatten bis Samstag 17 Uhr Zeit.

Sicher haben wir nicht alles gesehen, aber um den morbiden Charme dieser Stadt zu er-spüren reicht die Zeit – sogar um die „Granma“ zu bewundern.

Fazit der Reise: 300 sm – davon achtzig Prozent unter Motor – auf einem komfortablen Katamaran – Start von einer Marina, die über 400 km vom Flughafen entfernt ist – in einem arg heruntergekommenen Land ohne Reiz.

Vielleicht muß man Raucher sein – oder Rumexperte, um diesem Land etwas abzugewinnen?

Ich lasse mich gern belehren!



26.03.2006
by eus