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Vortrag von Ulrich Straßner gehalten am 14. Januar 2006 beim Kick Off 2006 der Corsair Challenge

Von Kiel nach Riga und zurück - in 44 Tagen 1950 Trimaran Seemeilen

Hallo, mein Name ist Ulrich Straßner.

Ich bin von Werner Stolz eingeladen worden, von unserer letztjährigen Reise zum „International Multihull Meeting 2005“ in Riga zu berichten.

Wir, das waren mein Onkel Peter Meincke und ich, sind zu zweit von Möltrenort in der Kieler-Förde über Dänemark und Schweden nach Lettland in den rigaischen Meerbusen, und über Litauen, Rußland und Polen zurück nach Deutschland gesegelt.

Die Maseratrï, das Schiff meines Onkels, ist ein F-31R und wurde im Jahr 2001 gebaut. Mast und Baum sind aus Carbon.

Um nicht ganz auf Komfort zu verzichten, ist der Innenraum normal ausgebaut.

An Backbord ist eine kleine Pantry.Eine Naßzelle ist nicht vorhanden. Lediglich ein Portapoti steht zu Verfügung.

Die Liegefläche im Bug hatten wir für unsere Reise ausgeräumt und als zusätzlichen Stauraum verwendet. Zur Nacht hin haben wir den Mittelgang mit zwei Brettern überdeckt und mit hilfe der Rückenpolster eine breite Liegefläche geschaffen, auf der wir die 6 Wochen unserer Reise bestens geschlafen haben.

Am 3. Juni 2005 starteten wir in Möltenort in Richtung Dänemark.

Die Planung war, durch den Fehmarn-Belt über Fehmarn nach Gedser zu segeln. Doch mit dem aus SE kommenden Wind nahmen wir eine Route westlich an Lolland vorbei.
Am Nachmittag des ersten Tages hatten wir auf direkter Strecke das Leuchtfeuer Albuen am Westende von Lolland erreicht und ankerten im Schutz einer kleinen Insel.

Der zweite Tag begann mit Ostwind der uns gut nach Norden brachte. Doch als wir hinter der Abdeckung von Lolland hervor kamen bließ und der Ost mit 6 – 7 Beaufort mächtig ins Gesicht und ein anstrengendes aufkreuzen mit 2 Reffs im Groß begann.

Die auf den Karten gezeitgen Routen zeigen keider nicht unsere wirkliche Tracklinie. Mir sind die Tracks der ersten Häfte unsere Reise, die ich mit einem PocketPC hab mitschreiben lassen, durch ein Systemabsturz verloren gegangen.

Wir erkämpften uns also das Smalandsfahrwasser und für eine Entfernung von 42 sm legten wir 76,5 sm in 10 Stunden zurück. Immer einer an der Pinne und der zweite hoch zu Ross auf dem Luv-Schwimmer.

Wir ankerten, geschützt hinter einem Wald, in einer Bucht vor der Brücke bei Vordingborg.

Am nächsten morgen konnten wir uns, bei gemütlichen 3 Beaufort aus West, unter der Brücke durch die Fahrwasser „Kalvestrom“ und „Ulvsund“ zwischen Seeland, Falster und Moen schieben lassen.

Auf dieser Strecke bemerkten wir jedoch, das der letzte Tag nicht ganz ohne Schaden an uns vorbei gegangen war. Der Mastrotator, mit dessen Hilfe die Drehung des Mastes begrenzt wird, war auf einer Seite abgebrochen und auf der anderen Seite eingerissen. Wir versucheten mit Hilfe eines Tampens die Drehung des Mastes zu beschränken, was aber nicht den gewünschten Erfolgt brachte.

Und nachdem wir in der Stege Bucht beim kreuzen leichte Grundberührung hatten, und der Motor nicht sofort starten wollte, liefen wir den Hafen in Kalvehave an, um uns die Probleme vorzunehmen.

Die Motorprobleme konnten wir dort trotz Telefonats mit dem Service nicht lösen.

Der Mastrotator hingegen wurde in einer dänischen Autowerkstatt wieder geschweißt. Zwar setzten die Schweißnäte ziemlich bald Flugrost an, hielten aber bis zum Schluß.

Viele Tage später, tauchte Peter auch unter das Schiff und untersuchte das Schwert, welches aber keine Beschädigungen aufwies.

Die nächsten Tage führten uns mit süd-westlichen und südlichen Winden über die Fakse Bucht am Südende des Sundes vorbei nach Grislovlänge und weiter nach Ystad.

In Ystad, es ging auf das Wochenende zu, klappten wir eine Seite ein, um nicht den Mißmut der anderen Segler auf uns zu ziehen, wenn wir mit unserer Breite von fast 7 m das Hafenbecken blockieren.

Der nächste Tag bescherte uns einen Nordost mit 3 Beaufort. Also wieder fröhliches kreuzen.

Dennoch kamen wir mir der selben Geschwindgkeit voran, wie ein mitlaufender Einrümpfer, der mit Maschine gegenan dampferte. Erst als der Wind am frühen Nachmittag abnahm zog er uns davon. Direkt vor der Hafeneinfahrt von Simrishamn uns schlief der Wind ein. Und so suchten wir uns dortigen Yachthafen ein Plätzchen.

Nahezu spiegelglattes Wasser bei 1 Beaufort bezeihungsweise totaler Flaute zwang uns am Tag darauf teilweise den Motor anschmeißen. Unser Tagesziel war die Insel Hanö, ein idillisches Fläckchen Land von ca. 2,2 km² mit etwa 100 Bewohnern. Die Gästezahl im Hafen an diesem Sonntag-Abend war vermutlich drei mal so groß.

Wir lagen als 4. Yacht im Päckchen und haben beide Seiten eingeklappt um der Personenfähre, die alle 2 oder 3 Stunden vorbei kam, genug Rangierfläche zu ermöglichen. Beim ablegen kam sie etwa bis auf 1 m an uns heran.

Viel gibt es nicht auf Hanö, ein kleiner Kiosk und ein Restaurant. Dieses ist aber wirklich zu empfehlen. Auf seiner windgeschützten Terasse haben wir vermutlich das Beste Essen dieser Reise genossen.

Weiter ging es in Richtung Osten aus der Hanö-Bucht heraus. Die Schärenfahrwasser nördlich von Utlängan haben wir gemieden, und sind stattdessen zwischen Utklippan und Utlängan nach Osten um dann nach Norden in den Kalmar Sund weiter zu segeln.

Am Eingang des Sundes haben wir im ehemaligen Fischerhafen von Sandhamn festgemacht. Ich machte mich erneut daran unseren immer noch exisiterenden Motor-Problemen auf den Grund zu gehen.

Nach langem Suchen fand ich das Problem. Nicht der Motor, sondern der Anschluß der Vorsicherung neben der Batterie war gestört. Das in die Quetschhülse gelötete Kabel hatte sich wohl durch Vibrationen gelöst und war korrodiert. Mit etwas Schleifpapier blank poliert und frisch in die Hülse verquetscht hatte der Motor wieder vollen Saft und startete sofort.

Für den Kalmar Sund brauchten wir drei Tage.

Nachdem wir am ersten Tag bei NE und 4-5 Beaufort erneut kräftig kreuzen mußten, hatten wir irgendwann keine Lust mehr weiter zu segeln, und so suchten wir Ekenäs, einem kleinen Hafen südlich von Kalmar, als Platz für die Nacht auf.

Einen Laden oder gar ein Restaurant gab es zwar nicht, aber dafür war das Wasser so schön, das wir geschwommen sind und die bereits erwähnte Inspektion des Schwertes gemacht werden konnte.

Im Anschluß wurden wir noch mit Live-Jazz aus dem Gemeindehaus nebenan unterhalten.

Am Folgetag machten wir nur die kurze Stecke bis Kalmar, und gönnten uns einen halben freien Tag den wir mit Einkäufen und Wäsche waschen verbrachten.

Der dritte Tag im Kalmarsund brachte uns nach einem kleinen Abstecher zu der Bla Jungfrun, einer kleinen Felseninsel im Sund, an Ölands Nora Udde, also dem Nordende von Öland.

Wir gingen in die geschützte Bucht Grankullaviken.

Dort gibt es zwar auch eine kleine Anlegebrücke, jedoch haben wir es vorgezogen weiter innerhalb der Bucht, geschützt von umliegenden Wäldern, zu ankern.

Weiter ging es nach Visby auf Gotland.

In Visby lagen wir an einer Pier am Rand des Fährhafens. Durch den Fährverkehr eher unruhig und nachdem ein Kreuzfahrschiff abgelegt hatte, klebet so viel Dreck oberhalb der Wasserlinie, das wir uns immer wieder dafür geschämt haben, jedoch kamen wir erst im Heimathafen wieder dazu, das Schiff davon zu befreien. Der Innenhafen war total überfüllt und durch Parties auf verschiedenen Yachten auf eine andere Art unruhig.

Wir umrundeten Gotland nördlich legten uns im Farö Sund auf die Lauer, um einen guten Moment zur Überfahrt nach Lettland zu erwischen.

Lange mußten wir nicht warten. Denn bereits am nächten Morgen ging es kurz nach 4 Uhr, von unserem Ankerplatz bei Nieselregen, auf die Überfahrt. Eingepackt und angeleint schossen wir bei einem SE mit später bis zu 6 Beaufort auf direktem Weg die knapp 100 sm nach Lettland.

Anfangs liefen wir mit Groß, Fock und Screacher. Später mit Groß und Screacher. Bis das Screacher-Fall brach und wir das Segel hinter uns her schleppten. Das Fall war im Bereich der Umlenktolle im Masttop durchgescheuert.

Nachdem die Fahrt auf dem Schiff genommen war, gelang es meinem Onkel das Segel ins Vorschiff zu sichern. Im Anschluß ging die Fahrt mit der Fock bei nahezu gleiche Geschwindigkeit weiter.

Am Spätnachmittag in Ventspils angekommen zog mich mein Onkel im Bootsmannstuhl in den Mast, so daß wir das reparierte Fall wieder einfädeln konnten.

Auch der Screatcher wurde wieder ordnungsgemäß aufgerollt.

Von Ventspils ging es in drei Etappen nach Riga.

Am ersten Tag schob uns der abgeschwächte Suedost vom Vortag in den Rigaischen Meerbusen. Am Spätnachmittag schlief der Wind jedoch ein, so ankerten wir südlich von Kolka.

In der Nacht frischte der Wind von Süd jedoch wieder auf und da wir zu unruhig lagen hissten wir kurz vor drei Uhr in der Früh wieder die Segel.

So waren wir gegen sieben Uhr auf Höhe des kleines Hafens Roja, der jedoch von Masten nur so überquoll. Wir kreutzten weiter nach Mersrags, einem kleinem Holzverladehafen, in dem wir zwar ohne jeglich Versorgungsmöglichkeit aber dafür ruhig lagen und den verlorenen Schlaf der Nacht nachholen konnten.

Von Mersrags aus konnten wir nahezu auf einem Bein nach Riga segeln.

Begeistert passierten wir die Hafeneinfahrt. Waren wir doch am Ziel unserer Reise. Wir mußten „nur“ noch 7 sm bis zum dem am Rande der Altstadt gelegenen Yachthafen Andrejosta die Daugava aufkreuzen.

Nach 17 Tagen auf dem Wasser waren in Riga angekommen. Und waren einer der ersten Multihulls im Hafen. Da das Treffen erst drei Tage später eröffnet werden sollte hatten wir ausgiebig Zeit die Stadt zu erkunden.

Das „International Multihull Meeting“ begann offiziell am Freitag.
Es waren 37 Multihulls angereist.11 Tirmaranedavon 4 von Corsair und ein F9A Eigenbau nach Farrier-Plänen.

Am ersten Tag gab es, nach der formellen Eröffnung, Zeit für Besuche auf den angereisten Booten. Der Nachmittag wurde mit Sportspielen verkürtzt.
Der Zweite Tag stand im Zeichen der Regatta. Wir starteten bei SW 5 auf eine Regattabahn mit einer kurzen Halbwindstrecke und anschließenden 2 Kreuz- und 2 Vorwind-Kursen. Gegen Später nahm der Wind noch mehr zu und erreicht in Böen teilweise 8 Beaufort.

Wir wir wurden mächtig durchgerüttelt, fühlen uns jedoch immer sicher, hatten wir doch bereits vor dem Starschuß ein Reff eingebunden.

Anfänglich wurden wir dafür von den anderen Teilnehmern wohl belächelt.

Aber nach zwei zerissenen Vorsegeln, einem Groß mit abgerissenem Achterlik sowie einem verlorenem Mast, alles bei anderen Trimaranen, wurde unsere Entscheidung anschließend als „genau die Richtige“ kommentiert.

Wir hatten zwar als erste über Startlinie überquert. Mußten die ausgebufften Regatta-Segler jedoch bald an uns vorbei ziehen lassen. Die Ziellinie überquerten wir als dritter Trimaran, der kurz hinter uns laufende F27 „Jolly Roger“ konnte sich aber durch die rechnerischen Korrekturen auf Platz 2 vorschieben, so dass wir in der Endabrechnung vierter wurden.

Nach den Tagen in Riga ging es am 25. Juli wieder auf die Rückreise. Unsere Route ging über Lettland, Litauen, Rußland und Polen.

Ein steter SW 2 ermöglichte uns gleich am ersten Tag das verlassen des Rigaischen Meerbusens und Tags darauf bei 3 bis 4 Beaufort das erreichen von Ventspils, den Hafen, der vor ein 1 ½ Wochen in Lettland empfangen hatte.

Am dritten Tage der Rückreise gerieten wir in einen SW mit 4 bis 5 Beaufort. Das erste Stück an der Küste entlang lief zwar noch gut, aber anschließend galt es wieder gegenan zu kreuzen.

Und dann kam ein Schock. Unser Ziel Pavilosta bereits in eingigen Seemeilen vor dem Auge brach der Beschlag, der mit einem Gurt den drehbaren Baum mit der Großschot verbindet.

Baum und das gereffte Groß schlugen mit einem donnerndem Geräusch gegen die Stahlwant.
Wir bargen die Segel und ankerten bei wilder See auf Legerwall.

Aus dem Vorschiff holten wir den mitgeführten Ersatzgurt und stellten fest, dass dieser eindeutig stärker ausgelegt ist.

Die Untersuchung von Baum, Segel und Want zeigten keine sichtbaren Schäden.
Nach Zwei Stunden nahmen wir unter äußerster Maschinenkraft den Anker wieder auf und kreuzten die restlichen 7 sm zur Hafeneinfahrt.

Da die See quer zur Einfahrt stand, schossen wir unter Segel mit etwa 10 Knoten in die enge molenbewehrte Flussmündung und bargen erst im Kanal unsere Segel. Ein ruhiger Liegeplatz sowie ein ausgezeichnetes Gasthaus entschädigten uns für diesen Tag.

Am nächsten Tag, erkletterten wir vor dem Start die Hafenmole um uns von den Verhältnissen ein Bild zu machen. Der SW hatte nur noch eine Stärke von 3 Beaufort und so machten wir uns natürlich auf die Weiterfahrt.

Liepaja was unser letzten Hafen in Lettland und nach einem weiteren Tag erreichten wir Klaipeda in Litauen.

Von Kleipeda aus stand unsere größte Etappe an. Wir mußten die russische Enklave mit Königsberg umfahren, um nach Danzig zu kommen.

Außerhalb der 12 Meilen-Zone einen Wegepunkt gesetzt kamen wir auf eine Strecke von rund 120 sm bis nach Danzig.

Nordost war angesagt. Einer an der Pinne, der andere eingepickt vorn auf dem Luvschwimmer schossen wir bei 3 Beaufort über die See.

Nach sechs Stunden und einem Schnitt von 10 Knoten hatten wir die Marke fast erreicht und sahen uns schon abends durch Danzig bummeln.

Überraschend drehte der Wind jedoch auf Südwest und verstärtkte sich auf 5 – 6 Beaufort. Eine See rollte auf uns zu, wie wir sie bisher noch nicht erlebt hatten. Die Wellenhöhe nahm rapide auf schätzungsweise 2,5 bis 3 m zu und wir konnten nur ablaufen.

Hier zwei Bilder zum Vergleich. Das linke bei ruhiger See, mit Wasser bis zum Horizont, rechts die sich auftürmende Welle direkt hinter mir.

Der Plotter zeigte uns, das wir uns mittlerweise in russischen Hoheitsgewässern befanden. Außer uns war jedoch weit und breit kein anderes Schiff zu sehen.

Je näher wir dem Land kamen, desto südlicher konnten wir steuern.

Mit Kurs Süd, im Abstand von 5 - 6 sm, liefen wir an der Küste entlang. Der Wind nahm weiter ab, die See stand jedoch noch recht ordentlich.

Nach über 12 Stunden höchster Konzentration wägten wir unsere Möglichketen ab. Unter Segel kamen wir der Küste immer näher. Gegenan zu motoren war mit unserem Leichtgewicht indiskutabel.

Wir beschlossen auf Land zuzulaufen und zu ankern. Nirgends jedoch eine Bucht, ein Vorsprung, oder etwas vergleichbares hinter dem man hätte Schutz suchen können.
Auf etwa 5m Tiefe und Sandgrund warfen wir Anker. An Land waren Menschen und Lagerfeuer zu erkennen, vereinzelt blinkten Autoscheinwerfer Richtung Meer. Der 12 kg Kobra-Anker, mit 6 m Kette und etwa 25m Ankerleine hielt uns ruhig vor Hahnepot.

Bei Ankerwache duch den PocketPC und mit der Erfahrung wie gut der Anker vor Pavilosta bei ähnlicher Dünung gehalten hatte, schliefen wir sofort ein.

Wir müssen etwa 3 Stunden geschlafen haben als wir durch ein Knirschen geweckt wurden. Hochgeschreckt kletterten wir ins Cockpit und erkannten das wir gestrandet waren. Der PocketPC hatte uns nicht wecken können.

Der Steuerbordschwimmer lag quer auf dem Strand, jede Welle hob den Backbordschwimmer an und drückte den Mittelrumpf weiter an Land.

Erst versuchen wir den Trimaran von Hand wieder in die Welle zu schieben. Jeden erreichen Zentimeter schob und die nächste Welle jedoch wieder zurück. Bis etwa zu Hüfte im Wasser trat ich plötzlich auf die Ankerkette. Ich folgte ihrem Verlauf und kam so an den Anker. Mit diesem watete und schwamm ich ins Tiefe. Auf viellecht 2 m Wassertiefe tauchte ich und vergrub den Anker so gut wie möglich im Sand.

Wieder am Ufer konnte ich feststellen, dass der Anker hielt.
Ich legte die Ankerleine um die Klemme am Backbordbug und zog immer noch im Wasser stehen den Bug in die Wellen.
Peter schob weiter von der anderen Seite.

So konnten wir Maseratrï in die Welle drehen und mit dem Heck ins knietiefe Wasser bekommen. Peter kletterte an Bord während ich den Tri noch weiter ins tiefer werdende Wasser bekam.

Peter senkte den Motor ab und startete. Sofort wirkte die Schubkraft und durch drehen des Motors konnte er sogar steuern.

Jedoch hing das Schiff noch am Anker und ich am Bugnetz unter dem Steurbordschwimmer.
Die sich unter den Rümpfen spannende Ankerleine konnte ich als Tritt benutzen und so gelang es mir nach einigen Versuchen über das Netz wieder an Bord zu klettern.

Erleichtert, das ich noch da war, schrie Peter mir zu, ich sollte den Anker abschneiden.

In der Backkiste in der wir auch unsere Tampen lagern liegt immer ein scharfes Messer. Dieses griff ich mir und kletterte auf Vorschiff. Ich mußte das Messer nur leicht an der gespannten Ankerleine ansetzten und schon schossen wir durch die Wellen.

Jetzt trauten wir uns, das noch hochgeklappte Ruderblatt herunter zu klappen und senkten auch das Schwert etwa zur Hälfte ab.

Das Lot zeigte uns schnell eine Teife von 3 m an. Wir setzten die Fock und segelten und frei. Der Wind war wieder kräftiger. Anschließen nahmen wir auch das Groß wieder hoch und stellten den Motor ab.

Endlich war es an der Zeit sich trockene und wärmende Kleidung anzuziehen und das Schiff zu inspizieren.

Offensichtlich war alles dicht, Lot und Logge zeigten an und es waren keine Spuren der Strandung erkennbar.

Peter segelte in Richtung Süd-West auf die polnische Seegrenze zu. Ich konnte mich im Schlafsack etwas erholen. In der Nacht querten wohl noch zwei russischen Fischtrawler unseren Kurs, aber niemand wollte etwas von uns. Und unsere Erleichterung war groß, als der Plotter uns zeigte, das wir mittlerweile polnische Gewässer erreicht hatten.

Die aufgehende Sonne und Hühnerbrühe spendete uns wieder Kraft. Vor der polnischen Küste war das Wasser glatt und auch der Wind schlief ein. So dass wir den größten Teil der restlichen Stecke unter Motor machen mußten. Nachmittags erreichten wir die Einfahrt nach Danzig und machten gegen 17 Uhr im Sadthafen gegenüber des Krantors fest.

Den folgenden Tag hatten wir bereits vor unserem Rußland-Abenteuer für Danzig eingeplant und so genossen wir einen Rundgang in der Stadt, erholten uns Nachmittags an Bord und spendierten uns im „Lachs“, dem wohl ältesten Restaurant der Stadt, ein festliches Abenddessen.

Die Rückreise führte uns über Wladislawowo, Leba, Uska und Kolberg die Polnische Küste entlag. Die verschiedenen Schießgebiete der polnischen Marine hinderten uns nicht, da zu den Zeiten in dennen wir sie durchqueren wollten keine Mannöver stattfanden.

Nach Wladislawowo mußten wir gegen einen starken Nordwest wieder gegen kreuzen.
Auf der Strecke nach Leba hingegen schlief der West teilweise ein.
Die Dritte Etappe nach Ustka bescherte und wieder Westwind mit 2 bis 3 der noch zunahm. Dem folgte eine steile See.

In Ustka hielt uns der inzwischen mit 5 bis 6 blasende West eine Tag lang im Hafen fest.

Von der Hafenmole aus beobachtete ich wie eine schwere deutsche Yacht sich auf den Weg machte und wie eine Nußschale von den Wellen hoch und nieder geworfen wurde und nur unter voller Leistung mit der Maschine gegenan kam.

Der Wetterbericht kündigte für den nachmittag abnehmende Winde und eine Drehung auf S an. Also beschlossen wir abzuwarten und in der Nacht zu starten.

Wie vorhergesagt blies eine leichte Briese von Süd und wir kamen gut voran. Den nächsten Hafen Darlowo liessen wir am frühen morgen Backbords liegen.

Jedoch gerieten wir dann in die Ausläufer eines Gewitters. Unser schöner direkter Kurs war dahin. Der Wind drehte auf NW und nahm zu. Bei 6 Beaufort und etwa 2 m Wellenhöhe kämpften wir uns an Kolberg heran.

Die Konsultation der Hafenhandbücher versprach nichts gutes. Die geschwungende Hafeneinfahrt ist nach NW offen, die See stand also direkt darauf. Zudem ist die Einfahrt derzeit eine Baustelle.

Aber uns blieb ja nichts anderes übrig.

Ich meldetet uns beim Hafenkapitän auf englisch über Funk an. Mit der Angabe unserer nicht zu vernachlässigenden Breite und der Bitte in den Hafen segeln zu dürfen.

Von seinem Büro aus, hatte er uns sicher schon kommen gesehen und so erhielten wir die freundliche Bestätigung mit einen „Please, Come In“.

Nur wo genau sollten wir jetzt eigentlich rein. Die Feuer an den Molenköpfen waren nicht auszumachen, und für die anstehende Erweiterung der Ostmole waren bereits verschiedene Gruppen von Pfählen gesetzt zwischen denen die Einfahrt nicht auszumachen war.

Angestrengt suchten wir also die richtige Einfahrt und fluchten zuerst, als uns ein bunt lakierter Ausflugsdampfer entgegen kam. Aber der Dampfer zeigte sich als Lösung für unser Problem, denn genau in das Loch, aus dem er heraus kam, wollten wir hinein.

So surften wir auf den Wellen in die geschützte Hafeneinfaht, in der wir den Motor absenkten, starteten und die Segel fallen ließen. Etwas weiter im Hafen vermeldeten wir auch dem polnischen Zoll unser Eintreffen.

Zwischen dem einklarieren in Danzig und dem ausklarieren in Swinemünde reichte es immer dem jeweiligen Zoll-Beamten per Funk oder durch Zuruf im vorbeifahren, den Schiffsnahmen, Personenzahl, Nationalität und den letzten bzw. nächsten Hafen mitzuteilen.

Doch nun saßen wir abermals in einer Mausefalle gefangen. Bei den vorherrschenden Verhälnissen war an ein Verlassen des Hafens derzeit nicht zu denken.

Der nächste Tag zerrte schwer an den Peters Nerven, er sah sich schon Tage lang festsitzen. Und wollte schon überlegen, wie er nach Kiel kommen könne, um vor dort den Trailer zu holen und Maseratrï auf dem Landweg wieder nach Hause zu transportieren.

Mir machten eher unsere Instrumente sorgen. Der Geber des elektronische Windanzeiger im Masttop hatte wohl keinen Kontakt. Also zog ich zum vierten male auf der Reise die Bootsmannstuhl an und ließ mich den Mast hinauf ziehen. Nachdem ich die Verschraubung wieder angezogen hatte und Peter die Instrumente einmal resettet hatte, zeigten sie wieder alle Werte an.

Der Wetterbericht machte uns auch wieder Mut. Der Wind sollte wieder auf SW drehen. Und auch die Dünung würde sich dann wieder legen.

Diese Überlegungen konnte uns auch Jörn Heinrich, der Autor des im Frühjar 2005 erschienenen „Küstenhandbuch Polen und Litauen“, den wir im Hafen kennenlernten bestätigen.

So machten wir uns am Abend gegen 20 Uhr wieder auf den Weg.

Draußen wärmte uns noch die letzte Abendsonne, ablandiger Wind schob uns zügig Richtung Westen.

Weit um uns herum Gewitterwolken mit Regenbahnen, über uns das letzte Blau mit den ersten Sternen. Und so blieb es die ganze Nacht.

Stunde um Stunde liefen wir unter Groß und Fock, auf dem Plotter konnten wir uns verfolgen. Das Leuchtfeuer Kolberg verschwand hinter dem Horizont achteraus und an Steuerbord weit voraus huschte das Feuer der Greifswalder Oje über den Horizont.

Es wurde hell, die wärmende Sonne beschien die lange Schutzmole von Swinemünde und wir hatten es geschafft.

Nach 80 sm und elfeinhalb Stunden hatten wir die polnisch Küste hinter uns gebracht.

Eingangs des Hafens in Swinemünde klarierten wir und beim Zoll aus und motorten durch den Kaiserkanal ins Stettiner Haff.

Gegen 10 Uhr, nachdem wir das polnische Grenzboot passiert hatten, waren wir nach 37 Tagen wieder in deutschen Gewässern.

Den ganzen Tag über segelten wir ganz gemütlich bei leichtem W durch das Stettinger Haff und gingen am Abend nahe Wolgast vor Anker. Solz auf die Strecke die wir in den letzten 24 Stunden hinter uns gebracht hatten.

Zur ersten Öffnung standen wir schon vor der Brücke in Wolgast und tuckerten unter Maschine das enge Fahrwasser hinauf in den Greifswalder Bodden.

Natürlich mal wieder Wind auf die Nase und so kreuzten wir vergnügt auf zur Einfahrt in den Strelasund, wichen Gewitterwänden und Regenschauern aus und genossen das Spiel mit den Elementen.

Im Strelasund kreuzten wir mit einigen Dickschiffen um die Wette.
Immer enger wurde das kurvenreiche Fahrwasser, immer weniger Mitsegler begleiteten uns, uns hatte die Leidenschaft gepackt.

Erneut liefen wir auf die Fahrwasserbegrenzung zu – jeder Meter musste genutzt werden – und “Ree” . Das Boot machte einen Nicker, wir spürten, wie das Schwert sich in den Schlick bohrte und standen einen Meter außerhalb der roten Tonne.

Segel loswerfen, Schwert hochziehen und Motor an.

Das genügte, nun bargen auch wir, aufmerksam von einem hilfsbereiten Dickschiff beobachtet, die Segel und dampferten langsam um die letzte Kurve vor die Klappbrücke von Stralsund.

Der Yachthafen war voll und so verbrachten wir die Nacht im Seehafen an der mannshohen Pier. Den Abend über eroberten wir die Stadt und genossen erneut ein, nach unser Meinung, wohlverdientes Mahl.

Der Wetterbericht des Tages kündigte bereits an, das sich der W auf 6 – 7 Beaufort für die nächsten Tage verstärken sollte.

Uns störte das weniger, denn das nächste Ziel, Barhöft lag nur 10 sm entfernt. Dort wartete unser Freund Charlie, der uns den Bodden zeigen wollte.

Der stürmische West blieb für 3 weitere Tage, genug Zeit für uns die kleinen Häfen des Boddens von Land aus zu erkunden, und auch nochmal einen Ausflug nach Stralsund zu unternehmen.

In Wieck entdeckten wir zu unserer Überraschung den F-31er „Timan Faya“ von Matze Schlecht, den wir in Riga getroffen hatten. Er war mit seiner Crew über Schweden und Bornholm zuruckgesegelt, und verbrachte mit seiner Frau noch einige Tage Urlaub im Bodden bevor er den Tri wieder an den Bodensee ziehen wollte.

Erst am dritten Tage kam etwas Frust auf, der Urlaub unserers Freundes und Chauffeurs war leider zu Ende, und am Sonntag war mit Öffentlichen Verkehrsmitteln aus Barhöft kein wegkommen.
Parallel füllte sich der Hafen mit Seglern die die Boddengewässer verlassen wollten.

Nur Tollkühne, oder eher Leichtfertige, unternahmen den Versuch durch die Gellenrinne ins freie
Wasser zu kommen. Alle waren nach wenigen Stunden wieder zurück und dankbar noch irgendwo längsseits gehen zu können.

Endlich nach 4 Tagen Sturm aus West änderte sich das Wetter.

Wir starteten früh, um kurz nach 6, um dem Gewusel, wenn alle anderen auch ablegen wollen, aus dem Weg zu gehen. Bei E 1 – 2 brauchten wir über 11 Stunden um die Strecke nach Rodbyhamn auf Lolland hinter uns zu bringen. Aber wir waren endlich wieder unterwegs.

Ein letzter Abend auf dem Boot, eine letzte Nacht in der Koje und dann ging es über die Kieler Bucht zurück in den Heimathafen.

Überlegungen noch einen Abstecher in die Flensburger Förde zu machen, um einen weiteren Freund zu besuchen und die 2000 sm auf der Logge voll zu bekommen verwarfen wir.

Und so banden wir am 15. August, nach 44. Tagen und fast 2000 sm im Kielwasser, Maseratrï wieder in der Box in Möltenort fest.

Wir dankten beide unserem tüchtigen Schiff und unseren Schutzengeln – es müssen einige gewesen sein!

Trotz aller Unwägbarkeiten fühlten wir uns auf dem 31er immer sicher aufgehoben.

Für 2006 träumen wir vom Limfjord am Nordende von Jütland und 2007 werden wir uns sicher wieder auf den Weg zum nächsten International Multihull Meeting machen. Dann im Olsofjord in Norwegen.

 


26.03.2006
by eus